Der kommende Wirtschaftsaufschwung

 

 

Happy days are here again

 

Happy days are here again

The skies above are clear again

So let’s sing a song of cheer again

Happy days are here again

Written by Jack Yellen, Milton Ager; Copyright © Warner/Chappell Music, Inc

 

Auf dem Parteitag der Demokratischen Partei im Jahre 1932 ließ Präsident F.D. Roosevelt diesen Song erklingen, der voller Freude und Lebenslust den Start in eine bessere Zukunft verspricht, der die Düsternis und die Verzweiflung der gerade überwundenen Großen Depression endgültig vergessen machen soll.

Der Beginn des Jahres 2017 verspricht ein ähnlicher Wendepunkt der Wirtschaftsgeschichte zu werden, eine Vielzahl bewährter und aussagekräftiger Stimmungsindikatoren befindet sich auf oder nahe Allzeithöchstständen. Der Wirtschaftsmotor steht kurz davor, vom zweiten in den dritten Gang hochzuschalten und sich ohne Zugkraftunterbrechung unter hohen Umdrehungen in Richtung vierter Gang zu bewegen.

Ein Beispiel dafür ist der Index des Konsumentenvertrauens der Universität Michigan, der sowohl bezüglich der aktuellen Lage als auch im Hinblick auf die Zukunftsaussichten Rekordhochs verzeichnet. Werte von knapp unter 100 Punkten erreichte der Vertrauensindex zuletzt in den Jahren 2006 und 2007, vor Ausbruch der Finanzkrise und der Great Recession der Jahre 2008 und 2009.

Auch die Einkaufsmanagerindizes (ISM Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes und ISM Einkaufmanagerindex der Dienstleistungsbranchen) steigen stetig an und verheißen als bewährte Frühindikatoren in den kommenden Quartalen ein deutlich zunehmendes Wirtschaftswachstum und somit ansteigende Unternehmensgewinne.

Unternehmensgewinne sind, um den informellen Berater des US-Präsidenten Donald Trump, Larry Kudlow, zu zitieren, die „Muttermilch des Aktienmarktes.“ Ohne steigende Gewinne ist die Euphorie eines reifen Bullenmarktes nichts weiter als ein Gebäude aus Sand, das beim kleinsten Windhauch in sich zusammenfällt und vom Sturm des Bärenmarktes in alle Himmelsrichtungen zerstreut wird. Steigende Unternehmensgewinne sind in der Regel Folge und Konsequenz einer boomenden Wirtschaft, in vielen Fällen jedoch zuallererst Ausfluss einer wirtschaftsfreundlichen Steuerpolitik.

Immer öfter macht in diesen Tagen in Börsenkreisen die Formel border adjustment tax die Runde: Sie bezeichnet nichts weniger als eine völlige Neuordnung, eine wahre Revolution des derzeitigen Steuersystems. Sie verbindet die Merkmale einer indirekten Verbrauchssteuer (VAT oder Umsatzsteuer) mit denen einer Cashflowsteuer, bietet Anreize für Exporte und Investitionen und bestraft Unternehmen mit hohen Importanteilen und einer wenig kapitalintensiven Bilanz.

Wir wollen Ihnen, verehrte Leser, im folgenden Abschnitt nun einige Unternehmen bzw. Industrien vorstellen, die von einer möglichen Steuerreform im Sinne der geplanten border adjustment tax profitieren können, und auch Gesellschaften präsentieren, die bei einer Umsetzung dieses Modells zu den wahrscheinlichen Verlierern gehören:

Das amerikanische Steuersystem kennt, im Gegensatz zur überwiegenden Mehrheit der westlichen Nationen, keine landesweite Umsatzsteuer. Der Verkauf von Waren und Dienstleistungen wird allenfalls auf einzelstaatlicher Ebene, ausschließlich in Bundesstaaten mit einer lokalen Umsatzsteuer, besteuert. Gleichzeitig belastet die amerikanische Körperschaftssteuer, wiederum eine Besonderheit, den globalen und nicht bloß den national erzielten Unternehmensgewinn, außer dieser verbleibt im Ausland. Im Ausland geparkte Gewinne werden erst dann mit der aktuell geltenden 35-prozentigen Gewinnsteuer belastet, wenn diese in die USA repatriiert werden. Das nun favorisierte neue Steuermodell ist eine elegante Konstruktion, einfach in ihren Grundzügen, jedoch komplex und vielschichtig in ihren ökonomischen Auswirkungen:

Anstatt eine bundesweite Umsatzsteuer (VAT) einzuführen, besteuert die border adjustment tax die in der Wertschöpfungskette amerikanischer Unternehmen enthaltenen Importe, da diese steuerlich nicht mehr abzugsfähig sein sollen. Exporterlöse werden im Gegenzug nicht länger steuerpflichtig sein. Dies hebt das amerikanische Steuersystem auf eine Stufe mit Exportnationen wie beispielsweise die Bundesrepublik Deutschland. Ein in Deutschland hergestellter PKW von BMW wird zum Nettopreis in die USA exportiert, da im deutschen Steuersystem nur im Inland erbrachte Leistungen der Umsatzsteuer unterliegen. Dies kommt einer Subvention der deutschen Exportwirtschaft gleich. Wird die amerikanische Steuerreform wie geplant beschlossen, könnten die US-Unternehmen zu identischen Konditionen am Weltmarkt konkurrieren, die Wertschöpfung und Produktion im verarbeitenden Gewerbe würden eine massive Unterstützung erfahren.                                    Ein zweites Element der Steuerreform stellt der Bezug auf den Cash Flow dar: Anstatt den buchhalterisch ermittelten Nettogewinn einer Periode mit einer Körperschaftssteuer von 35 Prozent zu belasten, soll der Netto Cash Flow (ermittelt als zahlungswirksamer Umsatz abzüglich zahlungswirksamer Ausgaben und Investitionsausgaben und ohne Berücksichtigung von Fremdkapitalkosten) mit einer Quote von nun 15 Prozent besteuert werden. Steuerpflichtig soll nur mehr der im Inland erzielte Überschuss sein.

Wer sind nun die möglichen Gewinner und Verlierer dieser Reform? Ein Sektor, der im Zuge dieser Neuordnung des Steuerrechts massive Einbußen erfahren könnte, ist der Einzelhandel, als Beispiel hierfür wollen wir die führende Handelskette Wal-Mart heranziehen:

Wal-Mart erzielte im vergangenen Geschäftsjahr (GJ 2015/2016) Umsatzerlöse von rund 482 Milliarden US Dollar. Die Kosten der erbrachten Leistungen belaufen sich, laut Unternehmensangaben, auf rund 361 Milliarden US Dollar, woraus sich ein Bruttoertrag von rund 121 Milliarden US Dollar errechnet. Nach Abzug von Gemeinkosten und Fremdkapitalkosten (v.a. Zinsaufwand) ergibt sich ein Vorsteuergewinn von 21,6 Milliarden US Dollar. Bei einer effektiven Steuerquote von rund 30 Prozent erzielte Wal-Mart einen Nettogewinn von 15 Milliarden US Dollar. Vergleichen wir diese Zahlen nun mit den Werten, die sich aus einer Anwendung der Prinzipien der border adjustment tax auf Wal-Mart ergeben: Wenn wir davon ausgehen, dass zumindest 40 Prozent der Inputs Importgüter sind, ergibt sich, dass nur mehr rund 217 Milliarden US Dollar an Kosten steuerlich abzugsfähig sind. Fremdkapitalkosten in Höhe von 2,5 Milliarden US Dollar können ebenfalls nicht mehr steuerlich wirksam verrechnet werden, dafür kann Wal-Mart 2 Milliarden US Dollar zusätzliche Ausgaben steuerlich abzugsfähig verbuchen, da im neuen System nicht mehr die Abschreibungen sondern die tatsächlich getätigten Investitionen (11,5 anstatt 9,5 Milliarden US Dollar) berücksichtigt werden. Der Netto Effekt auf den Ertrag (bei einer konservativen Annahme einer Steuerquote von nun 15 Prozent) ergibt sich wie folgt:

Umsatzerlöse 482 Milliarden US Dollar abzüglich zahlungswirksamer Ausgaben von 217 Milliarden US Dollar abzüglich Gemeinkosten und Investitionsausgaben von 99 Milliarden US Dollar ergibt einen Vorsteuergewinn von neu 166 Milliarden US Dollar! Besteuert man diesen neu errechneten Gewinn mit der neuen Steuerquote von 15 Prozent, ergäbe dies eine Steuerbelastung von 24,9 Milliarden US Dollar! Diese Steuerbelastung würde den bisher erzielten Vorsteuergewinn vollständig auffressen, anstelle eines Nettogewinnes von bisher 15 Milliarden US Dollar würde Wal-Mart einen Verlust von rund 3 Milliarden US Dollar ausweisen!

Dieses Beispiel operiert natürlich vor dem Hintergrund unvollständiger Informationen, zusätzlich wird vereinfachend unterstellt, dass die gesamten Umsatzerlöse von Wal-Mart in den USA erzielt werden, was natürlich nicht zutrifft. Dennoch lassen sich mittels dieser Schätzung die dramatischen Auswirkungen der geplanten Steuerreform auf den Einzelhandelssektor skizzieren, sollte dieser sein bisheriges Geschäftsmodell des Verkaufs billiger Importwaren (überwiegend aus dem asiatischen Raum) nicht völlig umstellen, und sein Beschaffungswesen US-zentriert organisieren.

Ein konträres Beispiel zu Wal-Mart stellt der Flugzeughersteller Boeing dar: Boeing wäre, wenn man von einem Exportanteil der Umsatzerlöse von rund 60 Prozent ausgeht (bei Gesamterlösen von rund 96 Milliarden US Dollar im abgelaufenen Geschäftsjahr) einer der Gewinner der Steuerreform. Der steuerlich wirksame Bruttogewinn von Boeing würde von 14 auf rund 5,6 Milliarden US Dollar sinken, bringt man weiters die Gemeinkosten und die getätigten Investitionsausgaben in Abzug und berücksichtigt die Nichtabzugsfähigkeit der Fremdkapitalkosten, reduziert sich die inländische Steuerbasis auf praktisch 0, die Steuerlast würde sich somit um rund 2 Milliarden US Dollar reduzieren.

Fazit: Kapitalintensive klassische Industrieunternehmen, die einen hohen Exportanteil aufweisen, hauptsächlich inländische Arbeitskräfte und Vorleistungen verwenden und hohe laufende Investitionen tätigen, sind die Gewinner der geplanten Steuerreform. Hierzu gehören Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, der Industrie und der Rüstungsbranche. Beispiele für attraktive Investmentgelegenheit sollten Boeing, General Electric, General Dynamics, Lockheed Martin, Northrop Grumman, United Technologies und US Steel darstellen.