Die K-Frage

 

„Es reicht!“

ÖVP Parteiobmann und Spitzenkandidat Wilhelm Molterer im Juli 2008

„Ich persönlich glaube nicht, dass es richtig wäre, diesen Dauerwahlkampf fortzusetzen. Ich persönlich glaube, dass vorgezogene Wahlen der richtige Weg wären, um in Österreich Veränderung möglich zu machen und den Dauerwahlkampf im Rahmen zu halten…“

Designierter ÖVP Parteiobmann und Spitzenkandidat Sebastian Kurz im Mai 2017

 

„Es reicht!“ Diese berühmten zwei Worte, mit denen der damalige ÖVP Parteiobmann Wilhelm Molterer im Juli des Jahres 2008 seinen Willen zu Neuwahlen und einer Auflösung der seit erst zwei Jahren wiedervereinten Großen Regierungskoalition aus ÖVP und SPÖ bekundete, bilden auch fast 9 Jahre später eine nahezu perfekte Zustandsbeschreibung der politischen Situation Österreichs. Das politische Klima ist gekennzeichnet durch ein Vorherrschen eines permanenten Konfliktzustandes, unterbrochen durch sporadische Minimalkompromisse, basierend auf dem kleinstmöglichen gemeinsamen Nenner, welche den Wahlberechtigten als tiefgreifende Reformen verkauft werden.
Seit dem Ende der Kanzlerschaft Wolfgang Schüssels, dessen rechtskonservative Regierung eine Zäsur im traditionell rot-schwarz regierten Österreich darstellte, wird die Republik wiederum von einer Großen Koalition regiert. Die breite parlamentarische Mehrheit dieses Bündnisses führte jedoch nicht wie erhofft zu einer Umsetzung längst notwendiger struktureller Reformen, sondern brachte vor allem einen täglichen Kleinkrieg, politische Scharmützel und demzufolge eine stetig wachsende Politikverdrossenheit der Wählerschaft mit sich. Die beiden großen Volksparteien verkümmern schrittweise zu bloßen mittelgroßen Parteien, denen bereits jetzt eine verfassungsrelevante Mehrheit im österreichischen Parlament abhanden gekommen ist.

Österreich steht nun vor einem Scheideweg: Eine Fortsetzung der ungeliebten Großen Koalition scheint zunehmend unwahrscheinlich, gleichzeitig erweckt ein mögliches Wiederaufleben der schwarz-blauen Regierung bei vielen Österreichern ein mulmiges Gefühl, sind die zahlreichen Skandale und politischen Eskapaden der damals handelnden Personen doch mehr als 10 Jahre später noch immer ein Fall für unzählige Untersuchungsausschüsse und Gerichtsverfahren.

Österreichische Anleger sollten sich jedoch bereits jetzt, knapp zwei Wochen vor der Nationalratswahl, mit den möglichen politischen Szenarien und vor allem mit ihren wirtschaftlichen sowie börsentechnischen Auswirkungen auseinandersetzen.
Alle derzeitigen Umfragen verheißen einen relativ ungefährdeten Wahlsieg der Volkspartei unter ihrem neuen Spitzenkandidaten Sebastian Kurz. Da die Sozialdemokraten so wie ihre deutschen Parteigenossen ihr Heil voraussichtlich in der Oppositionsrolle suchen dürften, scheint eine erneute rechtskonservative Wende unter Schwarz-Blau (diesmal wohl ohne die unangenehmen Begleitgeräusche zahnloser EU-Sanktionen) die wahrscheinlichste Regierungskonstellation des Jahres 2018 zu sein. Die SPÖ, deren Spitzenkandidat Christian Kern in der heißen Schlussphase des Wahlkampfes immer stärker unter Beschuss gerät, wird wohl nur dann an ernsthaften Koalitionsverhandlungen teilnehmen, wenn sie wider Erwarten als mandatsstärkste Gruppierung aus den Wahlen hervorgeht. Alle relevanten Umfragen sehen die SPÖ jedoch mit einem signifikanten Abstand zur führenden Volkspartei auf dem zweiten Rang, die FPÖ liegt nach einer Aufholjagd beinahe gleichauf.

Ein ähnliches Bild liefern die Quoten der Wettanbieter, die die Siegchancen der einzelnen wahlwerbenden Parteien zumeist am exaktesten und am aktuellsten reflektieren. Rund zwei Wochen vor der Wahl liegt die Quote für einen Wahlsieg der ÖVP bei 1,07, die jeweiligen Werte für die SPÖ und die FPÖ notieren bei 11 bzw. 12. Daraus errechnet sich (unter Berücksichtigung der geschätzten Marge des Wettanbieters von rund 11 Prozent) eine erwartete Gewinnwahrscheinlichkeit von rund 84 Prozent für die ÖVP, 8 Prozent für die SPÖ und ebenfalls knapp 8 Prozent für die FPÖ. Die Wahlen sind somit, sowohl was die Meinungsforscher als auch die Buchmacher betrifft, im Hinblick auf die Kanzlerschaft bereits gelaufen. Sebastian Kurz wird, sofern in den letzten Tagen vor der Wahl kein völlig überraschendes, alles veränderndes Ereignis eintritt, die neue Regierung als jüngster Bundeskanzler in der Geschichte Österreichs anführen. Falls er sich nicht zur äußerst riskanten Strategie der Bildung einer Minderheitsregierung mit wechselnden parlamentarischen Mehrheiten entschließen sollte, dürfte es wohl zum zweiten Mal zur Angelobung eines schwarz-blauen Kabinetts kommen.

Was darf sich ein österreichischer Value Investor, dessen Aktienkapital zu einem bedeutenden Anteil an der Wiener Börse veranlagt sein dürfte, nun von der zukünftigen österreichischen Bundesregierung erwarten? Die Partei- und Wirtschaftsprogramme der Volkspartei und der Freiheitlichen weisen die größte Schnittmenge auf und lesen sich teilweise frappierend ähnlich, das Regierungsprogramm sollte also durchaus börsen- und anlegerfreundlich ausfallen.

Grundsätzlich bleibt jedoch festzuhalten, dass keine der wahlwerbenden Parteien eine übermäßige Börsenaffinität aufweist. Während das Thema Börse und Kapitalmarkt im Wahlprogramm der SPÖ ausschließlich im Zusammenhang mit weiteren Regulierungsvorschriften bezüglich der Zusammensetzung der Aufsichtsräte zu finden ist und die Aktienquote in den Pensionskassen sogar weiter gesenkt werden soll, nimmt die FPÖ in ihrem Wahlprogramm zu diesem Thema gar keine Position ein. Detailliertere Angaben und Zielvorstellungen findet der Anleger hingegen im insgesamt sehr ausführlichen Wahlprogramm der ÖVP:
Hier wird die Position vertreten, die Körperschaftssteuer auf nicht entnommene Gewinne vollständig abzuschaffen. Kapitalgesellschaften, die ihre erwirtschafteten Überschüsse im Unternehmen einbehalten, würden dadurch massiv entlastet, als Dividenden ausgeschüttete Erträge jedoch weiterhin doppelt mit KÖSt und KESt besteuert. Dies begünstigt profitable Aktiengesellschaften, die über ein sehr kapitalintensives und mit hohen Anlageinvestitionen verbundenes Geschäftsmodell verfügen, etwa Energieversorgungsunternehmen oder Industrieunternehmen wie Anlagen- und Maschinenbauer sowie Stahlunternehmen.
Da die Höhe der Wertpapier-KESt von aktuell 27,5 Prozent jedoch auf verfassungsrechtlicher Ebene an die Höhe des Spitzensteuersatzes von 55 Prozent, der auch gemäß Wahlprogramm der ÖVP nicht angetastet werden soll, gebunden ist, dürfte es zu keiner Besserstellung der österreichischen Anleger kommen. Die Diskriminierung der Aktienbesitzer im Vergleich zu den Sparbuchinhabern wird somit prolongiert, auch in Zukunft wird ein Euro Dividende steuerlich schlechter gestellt als ein Euro Zinsertrag am Sparbuch.
Die Abschaffung der Besteuerung nicht entnommener Gewinne sowie die ebenfalls in Aussicht gestellten günstigeren Abschreibungsregeln (u.a. degressive Abschreibung auf Investitionen) dürften die Gewinnsituation einzelner börsennotierter Gesellschaften erheblich verbessern. Wir möchten Ihnen im folgenden Abschnitt einige Unternehmen der Wiener Börse vorstellen, die Anleger bereits jetzt, in Erwartung einer neuen, konservativen österreichischen Bundesregierung, kaufen können:

 

voestalpine AG (ISIN AT0000937503):

Die voestalpine versteht sich nicht länger als reines Stahlunternehmen, sie hat sich vielmehr zu einem weltweit führenden Technologie- und Industriegüterkonzern gewandelt. Der Unternehmensfokus liegt auf Nischen- und Spezialprodukten mit überdurchschnittlich hohen Gewinnmargen. Nicht die Tonnage an erzeugtem Stahl, sondern die Höhe der Gewinne gilt nun als Gradmesser für den Unternehmenserfolg. Als kapital- und investitionsintensives Unternehmen würde die voestalpine massiv von günstigeren Abschreibungsregeln sowie von einer Steuerbefreiung nicht entnommener Gewinne profitieren. Das Unternehmen schüttet derzeit nur rund ein Drittel des Nettogewinnes als Dividenden an ihre Aktionäre aus, der Rest wird im Unternehmen thesauriert. Die Investitionsausgaben lagen in den letzten Geschäftsjahren zum Teil 40 bis 50 Prozent über den Abschreibungen, diese Beträge könnte der Konzern in Zukunft steuerbegünstigt im Unternehmen einbehalten. Analysten erwarten im derzeit laufenden Geschäftsjahr 2017/18 einen Rekordgewinn von rund 3,8 Euro pro Aktie, die Dividende sollte sich auf rund 1,25 Euro pro Aktie belaufen. Bei einem derzeitigen Börsenkurs von rund 43 Euro ist die voestalpine somit, gerade im Hinblick auf die bevorstehenden Maßnahmen einer neuen Bundesregierung, kaufenswert. Die geschätzte Dividendenrendite beträgt rund 2,9 Prozent.

 

Verbund AG (ISIN AT0000746409):

Die Verbund AG ist der führende österreichische Energieversorger und einer der bedeutendsten europäischen Erzeuger von Strom aus Wasserkraft. Neben den Wasserkraftwerken investiert das Unternehmen erheblich Beträge in den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, vor allem Wind- und Wärmekraft. Wie die deutschen Energieversorger musste auch die österreichische Verbund AG im Zuge der Energiewende mit erheblichem Gegenwind kämpfen. Europaweit stark sinkende Strompreise sorgen im Kraftwerksgeschäft für sinkende Gewinnmargen, der Ausbau der erneuerbaren Energien führt an sonnen- und windreichen Sommertagen zu einem deutlichen Überangebot am Strommarkt. Nach der Trennung von außereuropäischen Beteiligungen und der noch stärkeren Fokussierung auf den Bereich Wasserkraft nimmt die Verbund AG eine attraktive Nischenposition unter den europäischen Energieversorgern ein. Die Nettoverschuldung konnte im letzten Geschäftsjahr deutlich reduziert werden, gleichzeitig tätigt das Unternehmen hohe jährliche Investition in seine Anlagen. Die Verbund AG würde somit erheblich von der Steuerfreistellung nicht entnommener Gewinne profitieren. Laut Analystenschätzungen wird das Unternehmen seine Dividende im laufenden Geschäftsjahr erstmals wieder steigern, Anleger erhalten eine geschätzte Dividendenrendite von rund 1,7 Prozent.

 

BUWOG AG (ISIN AT00BUWOG001):

Nach der erfolgten Abspaltung aus der Immofinanz AG sind die Aktien der Buwog seit nun mehr als drei Jahren zum Handel an den Wertpapierbörsen in Wien und Frankfurt zugelassen. Da die Buwog ausschließlich Wohnimmobilien in ihren beiden Heimatmärkten Deutschland und Österreich erwirbt, ist ihr Geschäftsmodell äußerst konservativ und wenig konjunktursensitiv. Das Management vermeidet Zukäufe in hoch bewerteten Metropolen wie etwa München, stattdessen erwirbt man Baugrundstücke zu attraktiven Preisen und errichtet Wohnimmobilien, die später lukrativ vermietet oder bei Bedarf auch verkauft werden können. Der errechnete Nettovermögenswert (NAV) beläuft sich zum Ende des soeben abgelaufenen ersten Geschäftsquartals auf 24,15 Euro pro Aktie, eine weitere Steigerung im Vergleich zum Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres. Die Aktionäre sind somit an der Wertentwicklung eines konservativ veranlagten und finanzierten Immobilienportfolios beteiligt, die erzielten Erträge werden jährlich zu zwei Dritteln an die Anleger ausgeschüttet und zu einem Drittel rentabel in Neubauten und Projektentwicklungen reinvestiert. Die Buwog verfügt als traditionsreiches, am Kapitalmarkt etabliertes Unternehmen über günstige Finanzierungsmöglichkeiten, sodass ihre Kapitalkosten auch im Falle eines steigenden Zinsniveaus an den Anleihemärkten niedrig bleiben dürften. Mit rund 50.000 Bestandseinheiten und einer Entwicklungspipeline von mehr als 11.000 Einheiten in Deutschland und Österreich legt sich der Anleger mit der Buwog Aktie ein Stück Betongold ins Depot, eine Absicherung für turbulente Zeiten und eine lukrative Anlage auch in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwunges. Die erwartete wirtschaftsfreundliche und gerade am Wohnungssektor weniger regulierungsfreudige Politik einer konservativen Bundesregierung sollte Immobilienunternehmen wie der Buwog besonders zu Gute kommen.