Hürden bei der amerikanischen Steuerreform

Von der BAT zur VAT?

 

„Paul Ryan needs to step down as speaker of the house. The reason? He failed to deliver the votes on his healthcare bill, the one trumpeted to repeal and replace Obamacare, the one that he had seven years to work on, the one he had under lock and key in the basement of Congress, the one that had to be pulled to prevent the embarrassment of not having enough votes to pass.“

District Attorney i.R. Jeanine Pirro, Fox News 03/25/17

 

Das große Wahlversprechen der Republikaner, Barack Obamas Affordable Care Act, besser bekannt als Obamacare, durch ein marktbasiertes Gesundheitssystem zu ersetzen und mit einem Federstrich sowohl Gesundheitskosten als auch Steuern zu senken, erwies sich bereits nach wenigen Wochen als fulminanter Rohrkrepierer.

Als Folge des vorläufigen Scheiterns der insbesondere von House Speaker Paul Ryan vorangetriebenen Gesundheitsreform steht die Administration Trump nun bereits weniger als 100 Tage nach Amtseinführung vor einem Scheideweg. Die stark ideologisch verbrämten Reformpakete Paul Ryans werden nicht einmal von den Abgeordneten der eigenen Partei goutiert. Ryan sieht den amerikanischen Kongress offenbar als Spielfeld und Versuchslabor seiner rechtskonservativen Gesundheits- und Wirtschaftspolitik, doch sein angeblich so fein abgestimmtes, präzise gemischtes und gewogenes Reformrezept erweist sich in der Realität als völlig ungenießbar. Gleich einem halbwüchsigen, politisch unerfahrenen, blassen Pfadfinder führt er eine Schar heillos zerstrittener republikanischer Abgeordneter geradewegs in die Falle, die ihm die politisch mit allen Wassern gewaschenen Demokraten gekonnt stellen.

Nachdem die rasche Umsetzung der republikanischen Gesundheitsreform nun gescheitert ist, steht auch das weitaus bedeutendere, für die Kapitalmärkte gewichtigere Projekt einer umfassenden Steuerreform in Frage. Die Ablehnung der völlig unausgegorenen Gesundheitsreform Ryancare reißt Präsident Trumps Steuerreform den finanziellen Boden unter den Füßen weg, da diese erst den fiskalischen Spielraum für wirklich signifikante Steuersenkungen schaffen sollte. Ohne Gesundheitsreform keine Steuerreform, und ohne Steuerreform droht bei den Kongresswahlen 2018 wohl eines der schlimmsten Wahldebakel aller Zeiten. Die Devise kann jetzt nur lauten: Rückbesinnung auf das Wesentliche und zurück an den Start.

Die theoretisch brillante, glänzende Idee einer selbstfinanzierenden Steuersenkung mittels Einführung der komplexen border adjustment tax sollte gänzlich gekippt oder durch eine simple VAT (Umsatzsteuer) ersetzt werden. Im Repräsentantenhaus wird derzeit hinter den Kulissen ein zweiter, besser strukturierter Anlauf zur Umsetzung einer Gesundheitsreform vorgenommen.

Das Dilemma hierbei: Versucht man weiter, um die Gunst und Stimmen des rechten Parteiflügels (überwiegend Mitglieder des so genannten Freedom Caucus) zu buhlen, geht man das Risiko ein, im Gegenzug die so wichtigen Stimmen der moderaten republikanischen Senatoren zu verlieren. Ein möglicher Ausweg aus diesem politischen Konflikt ist es, den gordischen Knoten einfach mit dem Schwert zu durchschlagen und ein einfacheres, weniger voluminöses, zeitlich auf 10 Jahre begrenztes Steuersenkungspaket zu verabschieden und dieses mit Infrastrukturinvestitionen zu koppeln um die wichtigen Stimmen kompromisswilliger, moderater demokratischer Senatoren zu gewinnen. Eine Senkung der Körperschaftssteuern auf rund 25 Prozent anstatt der ursprünglich avisierten 15 Prozent wäre immer noch ein erheblicher Erfolg und würde den Aktienmärkten starke positive Impulse verleihen. Koppelt man diese Steuersenkung mit einem massiven Infrastrukturinvestitionspaket und ermöglicht die steuerbegünstigte Repatriierung der im Ausland geparkten Gewinne, dürfte dies ein beachtliches Kursfeuerwerk an den Märkten bewirken. Auf den marktbreiten, amerikanischen Leitindex S&P 500 bezogen ist ein Gewinn von rund 130 Indexpunkten im Fiskaljahr 2017 durchaus realistisch. Multipliziert man diesen Gewinn mit einem Multiplikator von 20, was im derzeitigen Niedrigzinsumfeld durchaus angemessen ist, ergibt sich weiterhin ein Jahresendziel von 2600 Indexpunkten.

Dies ergibt einen möglichen Kurszuwachs von mehr als 10 Prozent bis Jahresende, amerikanische Blue Chips sind somit, besonders nach einer etwaigen Kurskorrektur im Frühling bzw. Frühsommer, weiterhin attraktiv bewertet und kaufenswert.

Die Risiken haben jedoch, auch wenn immer noch das Sprichwort von den politischen Börsen gilt, die bekanntlicherweise nur kurze Beine haben, signifikant zugenommen.

Geopolitische Rivalitäten, aufflammende Konflikte im Nahen Osten und das Risiko einer Konfrontation mit dem stalinistischen nordkoreanischen Regime haben die Börsen aufgeschreckt. Dies lässt sich am besten an der erwarteten Schwankungsbreite ablesen, ausgedrückt durch den VIX Indikator für die erwartete Volatilität des Leitindex S&P 500.

Nachdem dieser zu Jahresbeginn Tiefstwerte von rund 10 Punkten verzeichnete, kam es in den vergangenen Tagen zu einem massiven Anstieg der erwarteten Kursschwankungen. Ein höherer Wert des VIX bedeutet, dass Depotabsicherungen, wie sie Fondsmanager etwa durch den Erwerb von Put Optionen vornehmen, deutlich teurer werden, die Risikoprämien an den Märkten haben somit erheblich zugenommen. Die Strukturkurve des VIX zeigt jedoch, dass dies vor allem für den laufenden Monat April gilt, die Werte für Mai und Juni liegen unter denjenigen für April, was eher ungewöhnlich ist und darauf hindeuten könnte, das die aktuelle Nervosität übertrieben sein könnte.