TINA bittet zum Tanz

 

Ihr Name ist TINA, ihre Schönheit ist verführerisch, doch ihr Reiz ist tückisch und trügerisch. Während der Investor, beglückt durch den Rausch steigender Kurse und glänzender Profite, voller Euphorie das Tanzbein schwingt und von Versprechungen leicht erworbenen Reichtums träumt, greift seine Tanzpartnerin TINA heimlich nach seinem Portemonnaie und lässt ihn, sobald die Klänge des Orchesters verstummt sind, mit leeren Taschen am glatten Börsenparkett zurück.Ihr Name ist TINA, ihre Schönheit ist verführerisch, doch ihr Reiz ist tückisch und trügerisch. Während der Investor, beglückt durch den Rausch steigender Kurse und glänzender Profite, voller Euphorie das Tanzbein schwingt und von Versprechungen leicht erworbenen Reichtums träumt, greift seine Tanzpartnerin TINA heimlich nach seinem Portemonnaie und lässt ihn, sobald die Klänge des Orchesters verstummt sind, mit leeren Taschen am glatten Börsenparkett zurück.TINA, das Akronym für There Is No Alternative, ist derzeit in aller Munde. Wurden vor wenigen Jahren noch attraktive Aktienbewertungen, niedrige Zinssätze oder die Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Aufschwung als stichhaltige Argumente für Aktienkäufe angeführt, entgegnet die Börsenwelt dem skeptischen Anleger, der angesichts der relativ hohen Bewertungsniveaus an seinen Aktienengagements zweifelt, nun mit einem einfachen Satz: Es gibt keine Alternative!Objektiv lässt sich dieser Aussage nur wenig entgegnen: Die Realzinssätze für Festgeld und Anleihen von Emittenten hoher Bonität befinden sich im Negativbereich, Immobilien sind hoch bewertet und verursachen erhebliche Erhaltungs- und Instandsetzungskosten, Rohstoffe und Edelmetalle liefern keine regelmäßigen Zinszahlungen, sondern bringen jährliche Lagerkosten und Spesen mit sich. Als letzte Anlageklasse, deren Bewertung sich noch annähernd im Rahmen der historischen Normen bewegt und die dem Investor regelmäßige Renditen verspricht, verbleibt also die Aktie. Langfristig orientierte Anleger sollten tatsächlich einen erheblichen Teil ihres Anlagekapitals in attraktiv bewertete Blue Chips investieren, die vermeintliche Alternativlosigkeit eines solchen Investments darf allerdings niemals und zu keinem Zeitpunkt den alleinigen Ausschlag für ein solches Investment geben. Wenn alle anderen Argumente versagen und der einzige Grund für ein Investment in Aktien darin bestünde, dass es ja auch alle anderen tun würden und es keine vernünftige Alternative dazu gäbe, sollte der Anleger besser die Finger davon lassen. Die Wahrscheinlichkeit, gerade am Höhepunkt der Aktieneuphorie, kurz vor einer bevorstehenden Korrektur oder sogar einem drohenden Bärenmarkt einzusteigen, ist in einem derartigen Szenario gefährlich hoch.Die Grundlage für eine langfristige Geldanlage muss immer in einer Analyse der Fundamentaldaten liegen, sie liefert dem Anleger ein stabiles Fundament, auf dem er auf Jahre bauen kann. Lassen wir uns also nicht vom glänzenden Schmuck und vom verführerischen Dekolleté der Tanzpartnerin TINA blenden, werfen wir unseren Blick stattdessen auf die nüchternen Zahlen, die uns die Analyse der Gewinnaussichten der führenden börsennotierten Unternehmen liefert:Der amerikanische Aktienindex S&P 500 ist einer der bedeutendsten, wenn nicht der bedeutendste Börsenindex weltweit, er enthält die Aktien der 500 führenden börsennotierten US-Aktiengesellschaften.

Der Schlusskurs des S&P 500 am 31.08.2017 betrug 2472 Indexpunkte. Die durchschnittliche Dividendenrendite der im Index vertretenen Einzelaktien beläuft sich derzeit auf knapp 2 Prozent und liegt somit nur rund 15 Basispunkte unter der Verzinsung der 10jährigen US-Staatsanleihen. Die in der linken Tabellenspalte angeführten Werte sind die Gewinne (operative Gewinne) aller im S&P 500 vertretenen Aktien, gewichtet mit dem Anteil ihrer jeweiligen Marktkapitalisierung. Es handelt sich im Einzelnen um die Werte der abgelaufenen 12 Monate, wobei alle Werte ab Ultimo September 2017 als Analystenschätzungen zu verstehen und demzufolge mit einer erheblichen Unsicherheit behaftet sind. Die Tabelle zeigt, dass die Analysten von Standard&Poors für das Kalenderjahr 2017 einen Indexgewinn (bezogen auf die operativen Gewinne) von rund 127 Dollar erwarten. Im Kalenderjahr 2018 sollen die Gewinne um rund 14 Prozent auf knapp 145 Dollar ansteigen. Die in der rechten Tabellenspalte angeführten Werte für die Nettoüberschüsse belaufen sich auf 115 Dollar (Kalenderjahr 2017) und 132 Dollar (Kalenderjahr 2018).Bezogen auf den Schlusskurs des S&P 500 von 2472 Indexpunkten ergibt sich ein operatives KGV von 19 für das laufende, sowie ein operatives KGV von 17 für das nächste Jahr. Im historischen Kontext liegen diese Werte, je nachdem welche Zeitspanne man als Vergleichswert heranzieht, im oder allenfalls leicht über dem Durchschnitt. Ein wichtiger und letztendlich entscheidender Parameter wird in diesem Zusammenhang jedoch gerne vergessen und leichtfertig beiseitegeschoben: In den Jahren vor der Finanzkrise lag der für die Aktienbewertung entscheidende Zinssatz der 10jährigen Staatsanleihen regelmäßig zwischen 4 und 6 Prozent, aktuell notiert die 10jährige US-Staatsanleihe jedoch nur knapp über 2 Prozent. Ein KGV von 17 bzw. von 19, das in früheren Perioden als Indiz für ein ambitioniertes Bewertungsniveau angesehen wurde, ist in einem Umfeld weltweit niedriger Zinsen jedoch durchaus preiswert. Bei einer Verzinsung von 2 Prozent liegt das Anleihen-KGV (Kehrwert der Rendite) ja bei rund 50 und erreicht somit das Doppelte des Aktien-KGVs. In einem solchen Umfeld ist eine Veranlagung in Aktien somit tatsächlich als alternativlos anzusehen, jedoch mit einer soliden fundamentalen Begründung. Aktien sind nicht allein deshalb kaufenswert, weil es keine Alternative gibt, sie sind kaufenswert weil kontinuierlich steigende Unternehmensgewinne in einem globalen Niedrigzinsumfeld für ein attraktives Bewertungsniveau sorgen.Der Aktienmarkt ist nicht mehr so günstig bewertet wie in den Jahren unmittelbar nach der Finanzkrise, jedoch weit entfernt von einer Überbewertung, wie sie beispielsweise in den Jahren 1999/2000 zu beobachten war.Value Investoren des Jahres 2017 dürfen nicht mehr blind zugreifen, sie müssen selektiv vorgehen und diejenigen Einzeltitel auswählen, die den strengen Kriterien eines werthaltigen Investments entsprechen.Kaufenswert sind derzeit unter anderem die Aktien des führenden Bankinstitutes JP Morgan Chase, die mit einem KGV von 12, einer Dividendenrendite von rund 2,1 Prozent und einem KBV (Kurs-Buchwert-Verhältnis) von 1,5 weiterhin attraktiv bewertet sind. Im Pharmasektor stechen die Aktien von Pfizer mit attraktiven Bewertungskennziffern und einer Dividendenrendite von 3,8 Prozent hervor. Wahre Value Investments sind die Anteilsscheine des Automobilherstellers General Motors, deren KGV bei knapp 6 liegt, sowie die Aktien des Luftfahrtunternehmens Delta Airlines (KGV von 9, Dividendenrendite von 2,6 Prozent).Kleines Detail am Rande: Die von den Analysen für das Kalenderjahr 2018 präsentierten Schätzungen berücksichtigen noch nicht die positiven Auswirkungen einer möglichen Senkung der Unternehmenssteuern. Kommt es zu Beginn des Jahres 2018 in den USA tatsächlich zu einer Steuersenkung, dürfte dies die Gewinnschätzungen um weitere 5 bis 10 Prozentpunkte erhöhen.