Zwei Giganten auf tönernen Füßen – Teil 1

 

„Blüh im Glanze dieses Glückes, blühe deutsches Vaterland“

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben; Das Lied der Deutschen

 

Die Geschichte der deutschen Bundesrepublik mag mit ihrem Aufstieg aus den Trümmern und der Asche des vermeintlich Tausendjährigen Reiches, dem Wirtschaftswunder Konrad Adenauers und schließlich mit der lang ersehnten Wiedervereinigung so manchen staunenden Betrachter an ein Märchen erinnern. Kaum ein Bundesbürger hätte in den ersten Nachkriegsjahren auch nur zu hoffen gewagt, einen derartigen Aufstieg, eine derartige Epoche der Prosperität, des Friedens und des sozialen Ausgleiches erleben zu dürfen.

Deutschland bildet heute – bei oberflächlicher Betrachtung der wichtigsten wirtschaftlichen Kennzahlen – eine der wohlhabendsten Volkswirtschaften Europas und der gesamten Welt. Die Staatsverschuldung sinkt stetig, der Bundeshaushalt liefert trotz zahlreicher außerordentlicher Belastungsfaktoren jährlich ansteigende Budgetüberschüsse und die deutsche Exportwirtschaft erzielt massive Leistungs- und Handelsbilanzüberschüsse.

Gerade diese herausragenden Wirtschaftskennzahlen, wahre Prunkstücke der deutschen Wirtschaftsrenaissance, weisen jedoch auf die Fragilität des deutschen Wirtschaftsmotors hin. Im Gegensatz zu anderen Industrienationen machen der Industrie- sowie der Exportsektor einen deutlich überdurchschnittlichen Anteil der Wirtschaftsleistung insgesamt aus. Deutschlands Wachstumsraten sind somit zu einem hohen Ausmaß von der Investitionsnachfrage der größten Importeure abhängig, zu welchen neben den großen kontinentaleuropäischen Nationen vor allem Großbritannien, die USA sowie die asiatischen Länder zählen.

Das deutsche BIP verfügt im Gegensatz zu den USA oder Großbritannien über einen weniger bedeutenden Anteil an Konsumausgaben, welche sich im Falle eines wirtschaftlichen Abschwunges oder gar einer andauernden Rezession als deutlich stabiler erweisen als die Investitionsausgaben des privaten Sektors. Der massive Überschuss in der deutschen Handelsbilanz (im Vorjahr wurde ein Außenhandelsüberschuss von rund 245 Milliarden Euro erzielt) tritt zudem immer stärker in den Fokus der Kritik. Er ist, genauso wie übermäßig hohe Handelsbilanzdefizite, ein Quell der Instabilität und verursacht massive und vielfach destabilisierende internationale Kapitalströme, da die aus den Handelsbilanzüberschüssen resultierenden Einnahmen veranlagt werden müssen.

Im kommenden, zweiten Teil der ValueInvestor Sommeredition werden wir die bevorstehenden wirtschaftlichen Probleme Deutschlands sowie der Volksrepublik China eingehender analysieren und mögliche Zukunftsszenarien skizzieren.